20. November 2018

Gedenktag für die Opfer von Transfeindlichkeit – Trans Day Of Remembrance

Mindestens 369 trans* Menschen weltweit wurden laut dem Trans Murder Monitoring Forschungsprojekt zwischen Oktober

2017 und September 2018 gewaltsam getötet. Das sind 44 Fälle mehr als im Jahr 2017 und 74 Fälle mehr als 2016. Diese Zahlen werfen die Frage auf, ob es mehr tödliche Gewalt gegen trans* Menschen gibt oder sie besser erfasst wird. Esra Ateş und Begüm hießen zwei türkische trans* Frauen, die diesen Sommer im Abstand von wenigen Tagen ermordet wurden. Zahlreichen LGBT*I*Q-Organisationen arbeiteten unermüdlich daran, ihre Namen bekannt und ein öffentliches Trauern möglich zu machen – zu oft bleibt Gewalt an trans* Menschen unsichtbar. Dabei sind sie überdurchschnittlich häufig Opfer von tödlicher Gewalt, insbesondere trans* Frauen of Color und Sexarbeiter*innen sind stark gefährdet. Die Fälle zeichnen sich oft durch ihre besondere Brutalität aus, beinhalten Folter oder Verstümmelung. Auch wenn ihre Präsenz in der Öffentlichkeit heute zugenommen hat, sinkt die Anzahl an gewaltsamen Übergriffen auf trans* Menschen nicht. Da viele Länder allerdings keine offiziellen Statistiken über Hassverbrechen führen, liegt die Dunkelziffer vermutlich sehr viel höher.

Auch die mediale Berichterstattung über trans* Morde ist – sofern vorhanden – häufig von Unwissenheit, Respektlosigkeit und Voyeurismus geprägt. Deswegen initiierte die US-amerikanische trans* Frau Gwendolyn Ann Smith vor 19 Jahren den Gedenktag. Anlass war die Ermordung der afro-amerikanischen trans* Frau Rita Hester, die im November 1998 in ihrer Wohnung erstochen wurde. Sie war als Performerin in den Kabaretts und Bars von Boston populär. Über den Mord wurde medial nur spärlich und abwertend berichtet. Ann Smith gründete daraufhin das Internet-Projekt Remembering Our Dead, aus dem sich später der internationale Transgender Day of Remembrance entwickelte.

Inzwischen gedenken am 20.November jeden Jahres weltweit zahlreiche LGBT*I*Q-Organisationen, Vereine und Aktivist*innen den Menschen, die transfeindlicher Gewalt zum Opfer gefallen sind. Vielerorts finden Veranstaltungen und Aktionen statt. Sie thematisieren und fordern Sichtbarkeit, Bewusstsein und Aufklärung, aber auch die Stärkung grundlegender Rechte von trans* Menschen.

Auch in Deutschland gibt es dazu noch einiges zu tun. Während Transsexualität laut der Weltgesundheitsorganisation WHO nicht mehr zu den psychischen Krankheiten gezählt wird, gilt hierzulande noch immer das Transsexuellengesetz, das auf der Pathologisierung von Transsexualität als Krankheit beruht. Eine Gesetzesänderung durch die Bundesregierung steht dabei noch aus und wird mit Hinweis auf die Anpassung der Internationalen Klassifikation von Krankheiten (ICD) auf frühestens 2022 verschoben.

Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht die Bundesregierung verpflichtet, bis Ende dieses Jahres ein Gesetz zur „Dritten Option“ zu verabschieden. Ursprünglich sollte dies nur intergeschlechtliche Menschen betreffen. Erst später verkündete die Bundesregierung, das Verfahren solle in ähnlicher Form auch trans* Menschen umfassen. Dass dies aufgrund der veralteten Gesetzeslage schwierig wird, zeigt der Eklat um die medizinische Indikation. Denn wie bisher, müssen im neuen Gesetzesentwurf trans* und inter* Menschen auch in Zukunft ärztliche Gutachten einholen, um zu beweisen, dass tatsächlich eine sog. Variante der Geschlechtsentwicklung vorliegt. Nicht sie selbst, sondern das Verständnis oder Nicht-Verständnis des Arztes entscheiden über ihre Zukunft. LGBT*I*Q-Aktivisten und Organisationen zeigen sich enttäuscht, der Kampf um die juristische Neudefinition wird weitergehen – gegen die Bevormundung, Entwürdigung und Pathologisierung von trans* Menschen.

In diesem Sinne gedenken wir nicht nur, sondern verpflichten uns einmal mehr zur Solidarität mit allen trans* und inter* Personen, insbesondere trans* of Color, trans* Sexarbeiter*innen und mehrfachdiskriminierten und von Verfolgung bedrohten trans* Personen und den Kämpfen für unsere Rechte!

Zur Berichterstattung über den Trans Day of Remembrance laden wir Sie herzlich ein.

GLADT e.V.

info@gladt.de